Und er ist es doch!
Jetzt ist passiert, womit zunächst niemand rechnete, was letztendlich aber doch zu erwarten war. Karl Lauterbach ist der neue Bundesgesundheitsminister. Am Ende wusste wohl auch Olaf Scholz, dass jede andere Entscheidung öffentliche Diskussionen ausgelöst hätte, die weder ihm noch einem anderen Nachfolger im Amte des Jens Spahn genutzt hätte. Zu groß wäre in Pandemiezeiten die Hypothek für beide gewesen. Die Menschen vertrauen Karl Lauterbach, und Vertrauen ist besonders in Krisenzeiten das höchste Gut der Politik.
Lauterbach genießt zudem offensichtlich fachliche Anerkennung: bei Intensivmedizinern, bei Virologen und Epidemiologen: kurzum bei jenen, die das Pandemiegeschehen aus- und bewerten. Auch gesundheitspolitische Akteure wie Ärztepräsident Klaus Reinhardt und KBV-Chef Andreas Gassen bescheinigen ihm die für das Amt notwendige Expertise, nennen ihn wahlweise einen „ausgewiesenen“ bzw. „versierten Kenner des komplexen Gesundheitswesens“.
Lauterbach mag kantig sein, er mag kommunikatorische Schwächen haben, er mag ein Einzelgänger und parteipolitischer Querkopf sein, jetzt ist er Bundesgesundheitsminister.
Und auch wenn ihm selbst angesichts des aktuellen Handlungsdrucks nur wenig Zeit bleibt, so hat er doch jene obligatorischen 100 Tage des Amts-Anfängers“ bis zum ersten „Urteilsspruch“ verdient.
Seine Zusage bei Amtsübernahme, den Staatssekretär seines Vorgängers, Thomas Steffen, halten zu wollen, zeigt, dass er vielleicht integrativer wirken kann, als man ihm gemeinhin zutraut. Die Berufung zweier ebenso ausgewiesener Kenner des Gesundheitswesens wie Sabine Dittmar und Edgar Franke zu Parlamentarischen Staatsekretären deutet darauf hin, dass er teamfähig ist. Mehr denn je wird es ihre Aufgabe sein, das gesundheitspolitische Alltagsgeschäft jenseits der Pandemie zu erledigen, nämlich – wie es Jens Spahn bei der Amtsübergabe umschrieb – Gesetze zu machen.
Autor: Stefan Tilgner | Geschäftsführer PVS Verband